1th October 2019

Robotics im Handel – Zeit umzudenken!

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Anfang 2018 vollzog sich ein Machtwechsel in der Finanzwelt. Der E-Commerce-Platzhirsch Amazon löste Microsoft als wertvollstes Unternehmen der Welt ab – mit einem Börsenwert von knapp 800 Milliarden Dollar. Für viele war das der ultimative Beweis für einen Trend, der sich schon seit Jahren abzeichnet: Online-Shopping hat in einigen Segmenten des Handels das Einkaufen im Ladengeschäft nahezu obsolet gemacht. Oder nicht? Tot ist der stationäre Handel noch lange nicht, wenn er sich auf seine Stärken konzentriert, Ladenkonzepte auf veränderte Verbraucherwünsche ausrichtet und mit Hilfe neuer Technologien die Kundenansprache persönlicher und individueller gestaltet – und so für ein gesteigertes Einkaufserlebnis sorgt.  Vor allem die Digitalisierung sorgt für ganz neue Möglichkeiten, die wir in diesem Blogeintrag beleuchten.
 
Laut einer Befragung von 27.000 Verbrauchern aus 27 Ländern kaufen rund 59 Prozent immer noch mindestens einmal pro Woche im Geschäft ein* – mehr als noch vor zwei Jahren (46 Prozent). Unter den jungen Leuten zwischen 18 und 24 Jahren suchen sogar 61 Prozent regelmäßig einen Laden auf. Grund dafür ist jedoch nicht zwingend die persönliche Beratung vor Ort. Lediglich die Hälfte der Befragten ist der Ansicht, dass die Verkäufer im Geschäft das Sortiment voll im Blick haben und über das nötige Fachwissen zur qualifizierten Beratung verfügen. Ein gut ausgebildetes Personal ist jedoch ein wesentlicher Teil eines positiven Einkaufserlebnis im stationären Handel. Händler sollten deshalb in Beratung und Kundenbetreuung investieren und dabei digitale Helfer integrieren.

Digitale Helfer – vom Lager bis zur Kundenbetreuung
 
Für den Einzelhandel ist es Zeit zum Umdenken. Ein Konzept, das sich mancherorts bereits seit knapp zwei Jahren in der Testphase befindet, sind Roboter als Service-Kräfte. Nett dreinblickende Androiden wie das Modell „Pepper“ können individuell programmiert werden, weisen dem Kunden den Weg durch die Regalreihen oder beraten sie dabei, welche Weinsorte perfekt zum geplanten Abendessen passt. Ein Modell, das Früchte trägt, wie Umfragen unter den von Robotern betreuten Kunden belegen. Dabei geben rund die Hälfte der Befragten an, sich durch „Pepper“ individuell informiert zu fühlen und sogar 76 Prozent können es sich vorstellen, öfter von einem „Robo-Verkäufer“ beraten zu werden. Hierzulande ist dieser Service allerdings noch längst nicht etabliert, ihr Einsatz begrenzt sich auf vereinzelte Geschäfte wie ausgewählte Saturn- und Edeka-Märkte oder das Stuttgarter Kaufhaus Der Gerber. In anderen Ländern wie den USA sieht die Situation ähnlich aus. Dort zählt jedoch Walmart zu den ersten Unternehmen, die seit Mitte 2019 Roboter für eintönige Aufgaben wie das Ausladen von LKWs, Einsortieren von Waren oder das Überprüfen der Bestände einsetzen. Insgesamt zwei Milliarden Dollar nimmt Amerikas größte Supermarktkette dafür in die Hand. Die Kosten kommen nicht von ungefähr: Der Anschaffungspreis eines einzelnen Roboters entspricht nämlich ungefähr dem eines Mittelklassewagens.
  
Mein Freund, der Roboter

Langfristig gesehen, würde sich die Investition für Händler jedoch auch in anderen Bereichen lohnen. Die mechanischen Mitarbeiter sprechen Kunden nämlich auch auf emotionaler Ebene an. Um sofort positiv wahrgenommen zu werden, führen die Robos nicht nur lahme Verkaufsgespräche. Bei entsprechender Programmierung haben sie auch ab und zu einen flotten Spruch auf Lager, der bei den meisten Marktbesuchern für ein Lächeln sorgt. Oder sie stimmen in einer Beratungspause ein kleines Lied samt passender Tanzeinlage an. Ein Service-Roboter, der nicht nur hunderte Whiskeysorten und deren geschmackliche Besonderheiten im Speicher hat, sondern auch noch die Laune beim samstäglichen Lebensmittelkauf hebt? Das kommt bei vielen Kunden hervorragend an, wie entsprechende Märkte beobachten können. Besucher gehen aktiv auf die Androiden zu, zücken das Handy für ein gemeinsames Selfie oder stellen ihnen nach getaner Beratung kuriose Fragen in der Hoffnung, eine lustige Antwort zu erhalten. So kann Robotics dem stationären Handel einen neuen Anstrich verleihen – mit maximaler Customer Experience.
 
Das macht sich fast wie von allein

Digitale Technologien wie Roboter sind also gut geeignet, um das Personal zu entlasten. Den Mensch als gut ausgebildeten Berater können sie zwar noch nicht ersetzen, aber sinnvoll ergänzen. Der Schritt hin zu mehr Automatisierung im Handel ist aber nicht nur aus Service-Sicht interessant. Generell ist es für Ladenbetreiber sinnvoll, alltägliche Arbeitsabläufe nach Möglichkeit zu digitalisieren und damit effizienter zu gestalten. Das entlastet Mitarbeiter, die sich in der Zwischenzeit anderen Aufgaben wie der intensiven und individuellen Kundenberatung widmen können. Zu den Prozessabläufen, die sich durch Automatisierung und Digitalisierung effizienter gestalten lassen, zählt auch die komplette Bargeldlogistikkette – angefangen beim Zahlungsvorgang über die Sortierung, Bevorratung und Kassenbestückung bis hin zur buchhalterischen Verwaltung und Logistik. Durch solche Prozesse ließe sich auch heute schon auf clevere Art und Weise ein digitalisierter Workflow schaffen, der Mitarbeiter entlastet und gleichzeitig Kunden eine besondere Customer Experience liefert. Wenn es der stationäre Handel schafft, sich auf diese Stärken zu besinnen, werden echte Mehrwerte geschaffen – und Kunden gebunden.

*Global Consumer Insights Survey 2018, Unternehmensberatung PwC, Dezember 2018, 08. Oktober 2018